Warum die Vorratsdatenspeicherung auf dem SPD-Bundesparteitag abzulehnen ist

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Auf dem Bundesparteitag der SPD (4. bis 6. Dezember 2011) wird es u. a. den großen „Showdown“ zum Thema Vorratsdatenspeicherung geben. Viele Anträge gegen die Vorratsdatenspeicherung sind eingegangen (kein einziger dafür!), die Antragskommission empfiehlt paradoxerweise dennoch eine Vorratsdatenspeicherung. Diese würde u. a. bedeuten, dass die Bewegungsprofile aller Bürgerinnen und Bürger in Deutschland aufgezeichnet und für drei Monate gespeichert werden sollen. Dies widerspricht dem Freiheitsbegriff der Sozialdemokratie fundamental. Daher gilt es: Vorschlag der Antragskommission ablehnen und für den Antrag I 29 stimmen.

Die Vorratsdatenspeicherung enthält viele verschiedene Elemente und Datenarten. Manche greifen stark in die Freiheitsrechte des Einzelnen ein, manche weniger stark. Generell sieht die sog. „Vorratsdatenspeicherung“ (manchmal auch „Mindestdatenspeicherung“ genannt) vor, dass gewisse Daten vom Telekommunikationsunternehmen auf Vorrat gespeichert werden sollen. Dazu zählen vor allem:

  • Wer hat mit wem wann telefoniert?
  • Welche IP-Adresse gehört welchem Anschluss?
  • Ortungsdaten bei Mobiltelefonen. Wer war wo? (Hinweis: Nach europ. Richtlinie 2006/24/EG müssen diese zumindest bei aktiven Gesprächen gespeichert werden.)


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Sicherlich kann man sich bei jedem einzelnen Punkt darüber streiten, wie stark die Eingriffstiefe in die Privatsphäre ist (besonders bei IP-Adressen gab es hier schon viele Diskussionen). Die Antragskommission auf dem SPD-Bundesparteitag hat aber, anders als die SPD-Bundestagsfraktion, keine Unterscheidung nach Datenarten vorgenommen. Somit gilt auf dem Bundesparteitag: alles oder nichts. Dies ist für mich und viele andere in der Partei nicht verständlich, da es auch von Gegnern der Vorratsdatenspeicherung Kompromissversuche gab (die Gegner haben sich enorm auf die Befürworter zubewegt).

Doch was genau heißt „Speicherung der Ortungsdaten“?

Mobiltelefone stellen Verbindungen zu Funkmasten der Telekommunikationsanbieter her. Diese Verbindung ermöglicht, dass der Nutzer telefonieren, SMS empfangen/senden oder im Internet surfen kann. Jeder Funkmast kann natürlich nur einen bestimmten geographischen Bereich abdecken. Verlässt der Nutzer einen Bereich wird die aktive Verbindung zu einem anderen Funkmast hergestellt. Der Nutzer bekommt von diesem „Handover“ nichts mit. Durch die sog. GSM-Ortung kann der Nutzer je nach verwendetem Verfahren bis auf wenige Meter genau bestimmt werden, da jeder Funkmast eine eindeutige Kennung besitzt und die Position dieses Mastens bekannt ist.

Sehr empfehlenswert ist das Beispiel von ZEIT ONLINE, bei dem durch Vorratsdaten erkennbar wird, wo eine Person sich in den letzten Monaten aufgehalten hat (und mit wem er telefoniert hat, etc.). Noch einmal zur Klarstellung: Bei einer Vorratsdatenspeicherung werden diese Daten (u. a. also auch: wer hat sich wo aufgehalten?) von allen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland aufgezeichnet und für mehrere Monate gespeichert!

Es gibt noch viele weitere Argumente gegen die Vorratsdatenspeicherung, die ich hier nicht alle wiederholen möchte. Viele Gliederungen (siehe Übersicht auf sozis-gegen-vds.de), Arbeitsgemeinschaften (u. a. Jusos und ASJ und auch der Gesprächskreis Netzpolitik und Digitale Gesellschaft beim SPD-Parteivorstand) haben sich gegen die anlasslose Speicherung der Verbindungsdaten, insbesondere der Ortungsdaten, ausgesprochen. Selbst in der CDU werden die Stimmen lauter, nach Datenarten zu sortieren und gerade die sehr heiklen Funkzellendaten nicht zu speichern (andere Parteien, wie z. B. die Grünen, FDP oder die Piraten lehnen die Vorratsdatenspeicherung komplett ab). Der Text der Antragskommission ignoriert die Meinungen innerhalb unserer Partei und eine Umsetzung des Antrags würde einen enormen Einschnitt in die persönliche Freiheit eines Einzelnen bedeuten.

Daher: Liebe Delegierte des SPD-Bundesparteitages, stimmt gegen den Text der Antragskommission und für den Antrag I 29! Bitte verbreitet die oben gezeigte Grafik und verlinkt auf diesen oder ähnliche Texte und informiert andere Delegierte.